Renaturierung des Hauptkanal in Hoyerhagen

Revitalisierung eines Gewässerabschnittes durch die Reduzierung des überbreiten Fließquerschnittes

Bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde der Hauptkanal oder der „Meliorationshauptkanal“ für die Bewässerung benötigt. Es gab ein Abschlagsbauwerk an der Weser in Hoya, um schlickreiches Weserwasser ins Binnenland abzuleiten. Durch angelegte Gräben und Staue wurde das fruchtbare Wasser-Schlick-Gemisch auf landwirtschaftlichen Flächen verteilt. Mit Einführung des Kali-Kunstdüngers war diese Art der Düngung überholt.

Nach heutigen Kriterien ist der Hauptkanal als künstliches Gewässer viel zu breit ausgebaut. Es ist ein Stillgewässer ohne erkennbare Strömung.

Durch den auf beiden Seiten des Gewässers fast durchgängigen Baumbestand kommt es zu einem Eintrag an Laub und somit zu erhöhtem Eintrag von Biomasse.
Dadurch hat sich über die letzten Jahrzehnte eine dicke Schlammauflage auf der Gewässersohle gebildet. In trockenen Jahren mit sehr niedrigen Wasserständen schauen diese Schlammbänke aus dem Wasser und sorgen mithin für fauligen Geruch.

Ziel der im Herbst 2022 begonnen Maßnahme war es, den überbreiten Gewässerquerschnitt künstlich einzuengen und
in dem neu entstandenen Gewässerbett die Fließgeschwindigkeit zu erhöhen. Durch die seitlichen Dämme bilden sich Schlammpolder, in denen der Schlamm lagern, ausbluten und mineralisieren kann. Die hieraus entstehenden Bermen bilden einen natürlichen Auenbereich der bei steigenden Wasserständen temporär überströmen und sich sukzessive entwickeln kann. Der geschwungene Verlauf soll dem Gewässer einen natürlichen Charakter verleihen.

Wer hat alles mitgemacht?

Federführend an der Maßnahme ist die Gemeinde Hoyerhagen, die die Maßnahme aus Kompensationsmitteln finanziert sowie der Mittelweserverband, der den Gewässerabschnitt als Eigentümer für die Maßnahme zur Verfügung stellt und die Umsetzung fachlich begleitet.

Dann der Landkreis Nienburg, der für die Idee und für die Umsetzung eine wasserrechtliche Plangenehmigung erteilt hat. Des Weiteren ein Ingenieurbüro für die Planungen und ein Fachplaner für die naturschutzfachliche Begleitung.

Umsetzung der Maßnahme

Überplant und genehmigt wurde eine Strecke von insgesamt 250 m oberhalb der Dorfstraße in Hoyerhagen. Hierfür wurden aus einer Renaturierungsmaßnahme im Schwarmer Bruch 1.300 m³ Sand angeliefert und in das Gewässerprofil eingebaut. Aufgrund fehlender Erfahrungswerte über die erforderlichen Massen und wie sich der Sand auf dem sehr weichen Schlamm verhalten würde, reichte der bereitgestellte Sand lediglich für eine Gewässerlänge von rd. 80 m.

Bereits kurz nach dem Abschluss der Baggerarbeiten ergänzt durch den Einbau von Totholz und dem punktuellen Einbau von Pflanzsoden, zeigten sich schnell Veränderungen im natürlichen Fließverhalten innerhalb des neuen Gewässerverlaufes.

Das Hochwasser im Jan./Feb. 2023 mit einer Zunahme des Wasserdargebots und der Fließgeschwindigkeit führte zu gewollten Uferabbrüchen und einer Verlagerung von Sediment im neuen Gewässerprofil. Prall- und Gleitufer bildeten sich kleinräumig aus. Stillwasserzonen hinter dem Totholz bieten verschiedenen Gewässerbewohnern Rückzugsorte oder gar Laichhabitate.

Die erste Pioniervegetation hat sich erwartungsgemäß im Sommer 2023 eingestellt. Z.B. der Wasserstein, der eine gute Wasserqualität benötigt, hat sich im Fließquerschnitt neu angesiedelt. Die ersten Schilf- und Röhrichtbestände werden in den kommenden Jahren die neuen Ufer besiedeln.

Schwadem vom Wasserstern im Fließquerschnitt
Schwadem vom Wasserstern im Fließquerschnitt

Wie geht es weiter?

Im Oktober 2023 werden weitere 3.000 m³ Sand bereitgestellt, um den restlichen Abschnitt innerhalb der 250 m langen Teststrecke umzugestalten.

Die gewonnenen Erkenntnisse aus dem ersten Teilabschnitt können dann in die weitere Umsetzung einfließen.

Fazit:

Diese sogenannte „Teststrecke“ könnte in den Folgejahren als Blaupause dienen, um den Hauptkanal in weiteren Teilabschnitten zu einem natürlicheren Fließgewässer zu entwickeln, nicht monoton und artenarm, sondern abwechslungsreich im Fließquerschnitt und als Lebensraum für die verschiedenen Gewässerbewohner dient.

Ferner ist geplant, die weiter unterhalb noch vorhandenen Querbauwerke mit rauhen Sohlgleiten auszubauen, damit die Gewässerbewohner den gesamten Hauptkanal bis zum Ziegeleisee in Hoya durchwandern können. Hierfür wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.

Autor:
Dipl.-Ing. Thomas Henrichmann
Mittelweserverband
Hermannstr. 15, 28857 Syke