Aufgaben des MWV im Bezug auf Hochwasserschutz


Zur Sicherstellung der Aufgabe als Deichverband hat der Mittelweserverband die linksseitige Wesermarsch und das Bruchgebiet vor Hochwasser zu schützen. Er hat dabei den nach dem Niedersächsischen Deichgesetz (NDG) gewidmeten linksseitigen Weserdeich zwischen der Landesgrenze Niedersachsen/Bremen bei Dreye bis nach Altenbücken auf einer Länge von rd. 52 km zu erhalten.
Diese Deichstrecke besteht im Wesentlichen aus einem Kleideich mit einer Kronenbreite von 3,00 m Breite. Bei den Altdeichen sind Außenböschungen von 1:2 bis 1:3 und Binnenböschungen von 1:2 oder steiler vorhanden. Die bereits ertüchtigten Deichabschnitte haben entsprechend den technischen Regeln aus erdstatischen Gründen binnen wie außen Böschungsneigungen von 1:3.
In der Ortslage Hoya übernimmt diesen Schutz eine 550 m lange Deichmauer. Der Deich des Mittelweserverbandes ist in den letzten 20 Jahren so erhöht und verstärkt worden, dass er das dahinterliegende "deichgeschützte" Gebiet vor folgenden Hochwasserereignissen schützt:

· 4.200 m³/s unterhalb der Allermündung
· 2.600 m³/s oberhalb der Allermündung


Dieses Hochwasser, das sogenannte Bemessungshochwasser, entspricht dem Weserhochwasser von 1946. Um Wellenschlag, Winddruck und Deichsetzungen ausreichend zu berücksichtigen, wurde die Deichkrone 0,60 m über dem für dieses Hochwasserereignis maßgebenden Wasserstand hergestellt (Bestickmaß).

Der Hochwasserschutz in der vorstehend beschriebenen Form ist erst seit 1970 verwirklicht. Als der Mittelweserverband im Jahre 1955 als Oberverband der drei bestehenden Deichverbände, nämlich des Brinkumer-, des Thedinghäuser- und des Hoyaer Deichverbandes gegründet wurde, war der Deichschutz nur unzureichend:

Die Deiche des Brinkumer Deichverbandes und des nach Osten anschließenden Thedinghäuser Deichverbandes schützten das nördliche bzw. nordwestliche Verbandsgebiet. Der heute noch bestehende und als Schlafdeich erhaltene Eiterrückstaudeich zwischen dem Eiterschöpfwerk und dem Süstedter Bach unterstand damals dem Thedinghäuser Deichverband.
Daran anschließend war die offene Eiterniederung, in die das Weserhochwasser ungehindert zurück staute. Das hatte zur Folge, dass z.B. bei dem Hochwasser 1880/81 das Wasser so hoch stand, dass ein Teil über den Süstedter Bach und die Ochtumniederung abfloss und damit die Stadt Bremen gefährdete.
Südlich an die Eiterniederung schloss sich das Gebiet des Hoyaer Deichverbandes an. In diesem Gebiet war ebenfalls der Hochwasserschutz unvollständig. Auch in die offene Emteniederung konnte das Wasser gehindert zurück stauen. Ab einer gewissen Höhe lief es auch hier nach Nordwesten zur Eiterniederung und von dort wie oben beschrieben nach Bremen über.
Völlig unzureichend war auch der Hochwasserschutz im Bereich von Hoya. So hat es bei dem Hochwasser 1880/81 in der Stadt Hoya verheerende Schäden gegeben, weil oberhalb von Hoya ein Deichbruch entstanden war. Selbst von hier aus floss das Wasser in Richtung Nordwesten durch die Bruchniederung, die anschließende Süstedter Bach-Niederung und die Ochtum nach Bremen. Von der damals zuständigen Preußischen Staatsregierung wurden daher bei Wienbergen auf einer insgesamt 3200 m langen Deichstrecke insgesamt fünf und bei Oiste auf 1300 m Länge zwei Überlaufstrecken angelegt. Die Überlaufstrecken lagen ca. 1,40 m unter der Deichkrone. Durch sie wurde das Hochwasser in die Emteniederung abgeleitet. Bei hohen Rückstauwasserständen in der Emteniederung floss das Wasser über Beppen, Morsum, Wulmstorf in die Eiterniederung ab.


Bei derartigen Hochwasserereignissen standen bis zu 15.000 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche mitsamt den Hofstellen bis zu 45 Tagen unter Wasser.

Die Überfälle sollten auf Weisung des zuständigen Ministers erst dann wieder geschlossen werden, wenn die Deiche auf der rechten Weserseite zurückgelegt worden waren. Dies sollte in den Abschnitten bei Rieda südwestlich von Verden und am sogenannten Nese-Hof nordwestlich von Verden geschehen. Eine Einigung mit den rechtsseitigen Deichverbänden war jedoch nicht zu erzielen.

Erst durch die Ausführung der Arbeiten der Mittelweserkanalisierung war es möglich, den Deichschutz entscheidend zu verbessern. Diese wurde 1950 wieder aufgenommen und durch die Mittelweser AG zu Ende geführt. (Aktionäre waren der Bund, die Länder Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bremen sowie die Stadt Minden).

Die Nds. Wasserwirtschaftsverwaltung unter Ministerialdirigent Schweicher hatte damals in Verhandlungen mit der Mittelweser AG erreicht, dass diese in diesem Raum zusammen mit dem Land Niedersachsen und dem Land Bremen Verpflichtungen übernahm, die weit über das Maß der sogenannten "schadenverhütenden Maßnahmen" hinausgingen. Damit sollten auch die Nachteile ausgeglichen werden, die durch den Bau der ersten Staustufen Hemelingen und Dörverden in den Jahren 1910 bis 1915 entstanden waren.

Für den Hochwasserschutz führte dies zur Durchführung folgender Maßnahmen:

Zurückverlegung der rechtsseitigen Weserdeiche bei Rieda und Nese-Hof
Erhöhung und Verstärkung von rd. 23 km Weserdeich zwischen der Landesgrenze Niedersachsen/Bremen bei Dreye und der Eitermündung sowie zwischen Streek und Nottorf sowie im Raume Intschede, Ritzenbergen und Wienbergen
Eindeichung der Eiterniederung auf rd. 4000 m und der Emteniederung auf rd. 2600 m Länge
Beseitigung der Oister und Wienberger Überfälle


Im Zuge dieser Maßnahmen wurden zur Sicherstellung der Entwässerung in der Eiterniederung, in der Emteniederung und in Wienbergen drei Hochwasserschöpfwerke errichtet. Das Horstedter Siel an der Grenze zwischen dem Thedinghäuser- und Brinkumer Deichverband wurde geschlossen. Das Entwässerungsgebiet des Rieder Grenzgrabens wurde durch den so genannten Rieder Umleiter der Ochtum zugeführt.

Rechtsgrundlage für die Durchführung sämtlicher Deichbaumaßnahmen bildete ein Planfeststellungsverfahren, das vom Mittelweserverband als linksseitigem Deichverband und den drei Deichverbänden auf der rechten Weserseite beantragt wurde. Es wurde nach den Bestimmungen des Preußischen Wassergesetzes eingeleitet und nach den Bestimmungen des inzwischen in Kraft getretenen Niedersächsischen Wassergesetzes zu Ende geführt. Der Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidenten in Hannover erging im Jahre 1962, nachdem über 100 Einsprüche ausgeräumt werden konnten. Dabei musste aufgrund eines Vergleiches vor dem Verwaltungsgericht das Gehöft Neddernhude des ehemaligen Landrates Ratje Niebuhr mit einem Ringdeich umgeben und mit einem Polderschöpfwerk versehen werden.

Die Kosten aller Deichbaumaßnahmen auf der linken und rechten Weserseite wurden mit rd. 20 Mio. DM von der Mittelweser AG getragen. In diesem Betrag sind die Schöpfwerke und die sonstigen Entwässerungsmaßnahmen nicht enthalten.

Weil im Zuge der Autobahn-Südumgehung Bremen zwischen dem Bremer Kreuz und Brinkum die Autobahn in der Hemelinger/Arberger-Masendorfer Marsch hochwasserfrei gelegt und diese Marschgebiete eingedeicht wurden, mussten zusätzliche Erhöhungsmaßnahmen zwischen der Landesgrenze Bremen/Niedersachsen und der Eitermündung ausgeführt werden, um der durch die Eindeichung bedingten Erhöhung des Weserwasserstandes entgegenzuwirken. Sie wurden von der Autobahnverwaltung als Verursacher finanziert.

Die Deichmauer in Hoya und die Weiterführung des Deiches in Altenbücken bis zum Anschluss an die Geest wurde aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe finanziert.

Der durchgehende Deichschutz im Mittelweserverbandsgebiet zwischen der Landesgrenze Niedersachsen/Bremen und Altenbücken hat seine erste Bewährungsprobe bei dem Hochwasser 1981 bestanden. Zwar wurden noch längst nicht die vollen Abflussmengen der Weser erreicht - sie betrugen unterhalb der Allermündung rd. 2.600 m³ und oberhalb der Allermündung rd. 1.400 m³. Die Bevölkerung in dem nun durchgehend deichgeschützten Gebiet konnte dennoch vor Ort erkennen, wie wichtig und sinnvoll Deiche zum Schutz von Hab und Gut sind.

Autor:
Dipl.-Ing. Georg Kranefoed
Mittelweserverband
Hermannstr. 15, 28857 Syke